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Zypernkonflikt Aktuell / Cyprus Conflict up to Date
Anmerkungen zur "Gemeinsamen Erklärung" vom 11.2.2014
Remarks on the "Joint Declaration" of 2014-02-11
Von/by Dr. Christian Heinze

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pro re publica / Der Zypernkonflikt / The Cyprus Conflict

2014 04 13

A. DIE GEMEINSAME ERKLÄRUNG VOM 11. FEBRUAR 2014. A. THE JOINT DECLARATION OF 11th FEBRUARY 2014
1 Am 11. Februar 2014 haben die beiden "Leader"(der griechisch- und türkischzyprischen Volksgruppen) Nicos Anastasiades und Derviş Eroğlu unter den “Auspizien” ("auspices" = Leitung, Aufsicht) der “Good Offices Mission” (Beratungs- und Vermittlungsmission) des Generalsekretärs der Vereinten Nationen eine Gemeinsame Erklärung bekannt gegeben. Im folgenden werden die wichtigsten Punkte dieser Erklärung herausgearbeitet und kommentiert. On February 11th, 2014, the two "leaders" (of the Greek- and Turkish-Cypriot Communities) Nicos Anastasiades and Derviş Eroğlu, under the "auspices" of the communities) Nicos Anastasiades and Dervis Eroglu have, under the "auspices" of the "Good Offices Mission" of the Secretary General of the United Nations, made a Joint Declaration. This article elaborates and comments on the most important points of this declaration.
2 Demokratie, Identität, Integrität.

Die Leader ließen erkennen, daß sie eine Konfliktbeilegung ("settlement") anstreben, die zu einem vereinigten Zypern führt. Sie erklärten Einigkeit über Respekt für "Demokratie", die demnach wohl nicht nur im anzustrebenden zyprischen Gesamtstaat sondern auch in seinen (staatlichen oder staatsähnlichen) Teilen herrschen soll, und über „klare Identität und Integrität“ der jeweils anderen Volksgruppe (Nr. 1).
Democracy, Identity, Integrity.

The leaders made it known that they aspire a settlement resulting in a united Cyprus. They have declared their agreement on respect for "democracy", thereby most likely referring not only to the aspired unified Cyprus but also to the states or state-like components forming that union, and their agreement on "distinct identity and integrity" of their respective communitites (Nr. 1).
3 Politische Gleichheit.

„Politische Gleichheit“ soll gelten, und zwar nach Maßgabe von Gipfelvereinbarungen und der Resolutionen des UN-Sicherheitsrats.

a) Gipfelvereinbarungen über politisch Gleichberechtigung der Volksgruppen sind allerdings bisher nicht zustande gekommen, und

b) den Sicherheitsratsresolutionen zum Zypernkonflikt kann allenfalls Legitimität des griechischen und Illegitimität des türkischen Partners, mithin gerade keine politische Gleichheit sondern wesentliche Ungleichheit entnommen werden.
Political equality.

The declaration stipulates "political equality" as envisaged by High Level Agreements and the resolutions of the UN Security Council.

a) High Level Agreements about equal political rights of the communities have not however been concluded up to this date, and

b) the Resolutions of the Security Council yield no more than legitimacy of the Greek and illegitimacy of the Turkish partner, which by no means amounts to political equality but to basic inequality.
4 Staatsgewalt.

Gleichmäßig von beiden „konstituierenden Staaten" ("constituent states") soll eine „einzige Souveränität“ („single sovereignty“) … ausgehen ("emanate" = herrühren) (Nr. 3 Abs. 1).

Was unter der „einzigen“ Souveränität zu verstehen ist, wird dadurch angedeutet (in Nr. 3 Abs. 2),

a) dass ihr Träger eine Föderation ("federation") ist, die (nach Nr. 4) aus zwei - mit gleichem Status ausgestatteten - konstituierenden Staaten zusammengesetzt sein soll und

b) dass die Kompetenzen der föderativen Staatsführung einschließlich klarer miteingeschlossener Kompetenzen (Annexkompetenzen) sowie verbleibender Restkompetenzen von einer Verfassung zugewiesen werden (Nr. 3 Abs. 2), sowie

c) dass die Verfassung die konstituierenden Staaten binden soll

d) und dass volle oder teilweise Vereinigung mit irgendeinem anderen Land und jede Form von Teilung oder Sezession oder sonstige einseitige Änderung der (politischen) Lage ausschgeschlossen sein soll. Dem Wortlaut nach bezieht sich dieser Satzteil sowohl auf das Vereinigte Zypern als auch auf die konstituierenden Staaten.
Powers of Government

A "single sovereignty" is to emanate equally from both "constituent states" (nr. 3 sec. 1).

The meaning of "single sovereignty" is indicated (in Nr. 3 sec. 2)
a) by its subject being a "federation" which is (according to Nr. 4) to be composed of two constituent states of equal status and

b) by the powers of government, including those clearly incidental to its powers and the residual competences, being assigned by a constitution (Nr. 3 sec. 2)

c) by the constitution being binding on the constituent states

d) and by union in whole or in part with any other country and any form of secession and any other unilateral change of the state of affairs bing excluded. According to its wording this phrase applies as well to the united Cyprus as to its constituent states.
5 Verfassung.

Wie die Verfassung und damit die erst durch sie geschaffene und definierte Souveränität zustande kommen soll, wird in der Gemeinsame Erklärung angedeutet

a) durch die Unterstellung der Existenz je eines griechisch-zyprischen und eines türkisch-zyprischen konstituierenden Staates (Nr. 3 Abs. 1), aus denen eine Föderation bestehen soll und

b) durch die Erklärung, daß die zyprische Föderation "nach" Zustimmung durch separate gleichzeitige Referenden zu der Konfiktbeilegung ("settlement" = Regelung, Einigung) und zwar dann durch diese Konfliktbeilegung zustande kommen soll (Nr. 4), sowie

c) durch die Aussage dass Gesetze der Föderation einerseits und der konstituierenden Staaten andererseits einander nicht beeinträchtigen (nicht in das jeweils andere Gesetz eingreifen) dürfen. Hierüber entstehende Streitigkeiten sollen endgültig durch das Höchste Gericht der Föderation entschieden werden. (Nr. 3 Abs. 2.)
Constitution.

The question of the supposedm origin of the constitution including the sovereignty which is supposed to be created and defined by the constitution is touched upon in the Joint Declaration

a) by supposing the existence of one each Greek-Cypriot and Turkish-Cypriot constituent state (Nr. 3 sec. 1) of which a federation is to be composed and

b) by declaring the Cypriot federation to be created for the purpose of a settlement and through the settlement "following" the agreement by separate contemporary referenda (Nr. 4),

c) and by the statement that federal laws and laws of the constituent states are not to encroach upon each other. Disputes in respect thereof are to be adjudicated finally by the Supreme Court of the federation.
6 Kompetenz und Verbindlichkeit.

Nach Nr. 5 soll nichts als vereinbart gelten bis alles vereinbart ist. Dazu bestimmt Nr. 2, dass alle ungelösten Kern-Streitpunkte auf dem Tisch sind.

Nach Nr. 6 sollen die Führer der beiden Volksgruppen die Befugnis zur Letztentscheidung haben. Nur eine freie Vereinbarung darf zum Gegenstand eines Referendums gemacht werden. Jede Art schiedlicher Einflussnahme (jeder Schiedsspruch) ist ausgeschlossen.
Competence and binding nature.

According to Nr. 5 nothing shall be agreed until everything is agreed. Moreover, Nr. 2 stipulates that all unresolved core issues will be on the table.

According to Nr. 6 the leaders of the two communities retain the ultimate decision making power. Only an agreement freely reached may be put to referenda. Any kind of arbitrtion is excluded.
B. BEDEUTUNG. B. MEANING.
7 Soweit der Zypernkonflikt zwischen dem griechisch-zyprischen Anspruch nach Selbstregierung ohne Beeinträchtigung durch türkisch-zyprische Mitbestimmungsansprüche und dem türkisch-zyprischen Anspruch auf Selbstregierung ohne griechische Vorherrschaft bestand, ist der Konflikt seit 1974 gelöst durch die Bildung der Griechischen Republik von Südzypern und die Gründung der Türkischen Selbstregierung von Nordzypern.

Soweit der Konflikt in Gewaltbereitschaft der jeweils gegnerischen Volksgruppen zur Durchsetzung entgegengesetzter Ansprüche besteht, ist Frieden geschaffen durch die Garantie der gegenwärtigen Zuordnung separater Territorien der Insel an beide Volksgruppen durch türkische Streitkräfte und durch Resolutionen des Sicherheitsrates, wonach die Grenze zwischen diesen Territorien nicht verletzt werden darf.
As far as the Cyprus Conflict existed between the Greek Cypriot claim for self-government without Turkish-Cypriot co-determination and the Turkish Cypriot claim for self-government free from Greek domination, it has been solved since 1974 through the formation of the Greek Republic of South Cyprus and the foundation of the Turkish self-government of North Cyprus.

As far as the conflict consists in both opposed communities being prepared to apply violence in order to enforce contradictory claims, peace is created by the present allocation of separate territories of the island to both communities through the Turkish armed forces and the resolutions of the Security Council according to which the border between these territories may not be violated.
8 Der Konflikt besteht jedoch fort im Gegensatz

- des von den Vereinten Nationen und der Europäischen Union unterstützten Anspruchs der griechischen Konfliktpartei, die gesamte Insel zu beherrschen, und in der Sanktionierung dieses Anspruchs durch Isolierung (insbesondere mit Hilfe eines Verkehrs-, Handels- und Statusembargos) der türkischen Volksgruppe und

- der Behauptung des Selbstregierungsstatus (desselben Status, der der griechischen Volksgruppe zugestanden wird) durch die türkisch-zyprische Volksgruppe.

Am Konflikt sind die Türkei und Griechenland beteiligt und zwar mit der Bereitschaft, unter nicht klar bestimmten Umständen militärische Gewalt zur Durchsetzung der Ansprüche der zyprischen Volksgruppen anzuwenden. Selbst wenn eine türkische Regierung bewogen werden könnte, ihre Unterstützung einer wirksamen Selbstbehauptung der türkischen Zyprer zurücknehmen würde, wäre mit einem umso vehementeren späteren Wiederaufleben der Unterstützung unter veränderten Umständen zu rechnen.
The conflict continues, being constituted by opposed claims, namely

- the claim of the Greek conflicting party to rule the whole island, which is supported by the United Nations and the European Union, and the sanctions applied to this claim by isolating the Turkish community (particularly by means of an embargo in the fields of traffic/transportation, trade and status) and

- the Turkish Cypriot community insisting on their status of self-government (a status equal to the status accorded to the Greek community.

Parties to the conflict are Turkey and Greece being prepared, under circumstances not clearly defined, to employ military power for the enforcement of the claims made by the Cypriot communitites. Even if a Turkish government could be moved to withdraw its support for an effective self-preservation of Turkish Cypriots, an even more vehemnt revival of this support under changed conditions must be expected.
9 Die Einigung vom 11. Februar 2014 ist ungeeignet, diesen Gegensatz zu lösen. Ihre Umsetzung würde im Gegenteil die Beherrschung des Konflikts durch Verhinderung von Gewaltanwendung im Wege territorialer Teilung und ihres Schutzes durch türkische Truppen aufheben. Im einzelnen: The agreement of 11th February, 2014, is not qualified to solve this contradiction. To the contrary: its implementation would reverse the prevention of violence afforded by territorial partition and its protection by Turkish troops. In detail:
10 Demokratie, Identität, Integrität.

Nach der den gesamten Konflikt von seinem Beginn an beherrschenden griechischen Ansicht fordert das Demokratieprinzip Herrschaft der auf der Insel lebenden Mehrheit griechischer Zyprer über die Minderheit der dort lebenden türkischen Zyprer. Das ist mit dem von der Türkei unterstützten Anspruch sowie mit einer zutreffenden Interpretation demokratischer Selbstregierung und Staatsbildung unter den zyprischen Verhältnissen unvereinbar. Mit der Bekräftigung eines nicht an diese Verhältnisse angepaßten Demokratieprinzips erhält der Konflikt neuen Auftrieb.

Identität und Integrität der griechisch- und türkisch-zyprischen Republiken je für sich gesehen ist unbestritten. Identität eines Vereinigten Zypern und Integrierung seiner Bevölkerung in diese Identität wird kein Kenner des Landes in absehbarer Zeit ernsthaft für erreichbar halten. In welchen Schritten der Beginn einer Integration und Identitätsbildung künftig möglich ist, hängt von den Bedingungen ab, unter denen eine Vereinigung oder Verbindung oder Annäherung der Volksgruppen angestrebt wird. Über die wesentlichen Bedingungen dieser Art sagt die Gemeinsame Erklärung kaum etwas greifbares aus.
Democracy, identity, integrity.

According to the Greek view determining the conflict since its beginning, democracy requires dominance of the majority of Greek Cypriots living in the island over the minority of the Turkish Cypriots who live there. This view is incompatible with the claim supported by Turkey and with a correct interpretation of democratic self-government and of forming a state under the particular conditions of Cyprus. Confirming a principle of democracy without its adjustment to these conditions would provide additional nourishment to the conflict.

Identity and integrity of the Greek an Turkish communities regarded separately is undisputed. Identity of a united Cyprus and integration of its population into such an identity would not be earnestly considered achieveable for the time being by anyone who realizes the realities of the country. Possible steps to initiate integration or the formation of an identity in the future depend on the conditions under which unification or federation or approachment are aspired. The Joint Declaration hardly contains any substantial explanation of such conditions.
11 Politische Gleichheit.

Die Gemeinsame Erklärung (Nr. 3 Absatz 1) politischer Gleichheit läßt die für den Zypernkonflikt bedeutsame Frage offen, ob Gleichheit auf die einzelnen (griechisch-zyprischen wie türkisch-zyprischen) Bürger oder auf die beiden Volksgruppen oder die von ihnen gebildeten Körperschaften bezogen ist. Die griechische Konfliktpartei könnte sich darauf berufen, dass die Bezugnahme der Gemeinsamen Erklärung auf ihre Partner als "Führer" und die Zuweisung verfassunggebender Wirkung an Referenden eher auf die Bürger als Subjekte der stipulierten politischen Gleichheit hindeuten.

Gleichheit der Bürger hätte zur Folge, daß die türkisch-zyprische Minderheit den das Zusammenleben betreffenden Gesetzgebungen und Entscheidungen der griechisch-zyprichen Mehrheit und der von ihr instruierten Organe ausgeliefert wäre, deren unfreundliche Gesinnung in ihrer Politik und Verhandlungsführung der vergangenen Jahrzehnte bis in die Gegenwart hinein nicht deutlicher hätte zum Ausdruck kommen können.

Im Interesse eines friedlichen Zusammenlebens darf das Gleichheitsbekenntnis nur auf die Volksgruppen bezogen werden, für die es nicht anders zur Wirkung kommen kann als über politische Gleichheit der aus ihnen gebildeten Staaten oder staatstragenden Körperschaften. Die jahrzehnte langen Verhandlungen über eine Einigung der Volksgruppen sind dadurch gekennzeichnet, daß die türkischen Zyprer den griechischen Zyprern das Zugeständnis jeder einzelne Kompetenz von politischer Bedeutung abringen müssen. Dem liegt der Anspruch möglichst wenig beschränkter griechischer Souveränität zugrunde.

Die Penibilität und Strenge, mit der die griechisch-zyprische Führung schon seit der mißglückten Republikgründung von 1960 jedem Verhalten und jedem Ausdruck eines türkischen Zyprers und jeder Person oder Institution in irgendeinem Teil der Welt entgegentreten, das einer Anerkennung der türkisch-zyprischen Volksgruppenorganisation als Staat Auftrieb geben könnte, spricht gegen eine ernsthafte ehrliche Bereitschaft dieser griechisch-zyprischen Führung, dieser Körperschaft effektive politische Gleichheit zuzugestehen.

Ähnliche Bedeutung hat die verfälschte Darstellung der zyprischen Geschichte in der griechischen und griechisch-inspierten Propaganda (siehe die in dieser homepage veröffentlichten Anmerkungen zu Darstellungen eines deutschen Professors zyprischer Herkunft).
Political equality.

The declaration of political equality (Nr. 3 sec. 1) leaves open the question of importance for the Cyprus conflict, whether it refers to an equality of the individual (Greek Cypriot and Turkish Cypriot) citizens or of the two communities or their corporate bodies. The Greek conflicting party may be inclined to rely on the designation of partners of the Joint Declaration as "leaders" and on the constitutive effect accorded to the referenda as pointing in the direction of the citizens as the subjects of the stipulated political equality.

Equality of the citizens would amount to the Turkish Cypriot minority being subjected to the regulations and decisions for cohabitation made by the Greek Cypriot majority or the organs instructed by it, whose unfriendly attitude could not have been more clearly expressed than by its policy and conduct of negotiations of the past decades up to the presence.

In order to serve the interest in peaceful cohabitation, the declaration of equality must be applied to the communities, for whom it cannot become effective otherweise than through the states or statelike corporate bodies formed by them. The negotiations conducted over several decades about an agreement by the communities are characterized by the Turkish Cypriots being obliged to extract each and every single concession of politcal importance from the Greek Cypriots. This is owed to the claim for Greek Cypriot sovereignty suffering the least conceivable diminuation.

The painstaking and stringent activity by which the Greek Cypriot leadership has opposed, ever since the failed foundation of a republic in 1960, any and every behaviour or expression by a Turkish Cypriot or anyone or any institution in any part of the world that might have been construed as helping the recognition of a corporate body of the Turkish Cypriot community as a state, speaks against the seriousness or honesty of the Greek Cypriot leadership being prepared to concede effective political equality to this corporate body.

Similar importance applies to the distortion of Cypriot history in Greek and Greek inspired propaganda (vide the remarks published in this homepage on a presentation by a German professor of Cypriot origin).
12 Staatsgewalt.

Die höchst unterschiedlichen Bedeutungen, die der politische (und sogar der rechtswissenschaftliche) Sprachgebrauch mit den Begriffen "(konstituierender) Staat“, „Souveränität“ und „Föderation“ verbindet, auf die sich die Gemeinsame Erklärung in Nr. 3 Abs. 1 für die anzustrebende Konfliktbeilegung festlegt, dürften ziemlich alle gegensätzlichen Interessen beider Konfliktpartei abdecken.

Mit Bezug auf den Ausdruck „federation“ als Lösungsvorschlag für den Zypernkonflikt ist seit Beginn der Einigungsverhandlungen streitig, ob er im Sinn einer "Konföderation" souveräner Staaten oder als die einer Förderation nachgebildete Organisation einer aus den zypürischen Volksgruppen gebildeten unauflöslichen Einheit zu verstehen ist. Von einem wirklichen Bund kann nicht ernsthaft die Rede sein, wenn die türkische Republik von Nordzypern nicht als sein Partner anerkannt wird. Im übrigen wäre die Natur des Bundes als Organisation eines Ausgleichs mehrseitiger Interessen bereits aufgehoben, wenn - wie in der Gemeinsamen Erklärung vorgesehen - auch bei Scheitern des Ausgleichs ein Austritt ausgeschlossen ist. Der „Bundes“-Partner ist dann dem Ermessen der Organe unter dem Einfluß der Mehrheit der Bevölkerung des "Bundes" ausgeliefert. Ob „geteilte Souveränität“ gelten kann ist bedeutungslos, weil der Gemeinsamen Erklärung zu entnehmen ist, daß sie für Zypern ausgeschlossen ist. Bedeutet Soveränität das Recht zur endgültigen Entscheidung über Konflikte (zwischen griechisch- und türkisch-zyprischen „konstituierenden Staaten“), so beruht die Chance der türkischen Volksgruppe auf Selbstbehauptung bei Übergewicht des griechischen Einflusses im vereinten Zypern auf den Rechten, die die Verfassung ihr zuweist. Über diese Zuweisung ist der Gemeinsamen Erklärung allenfalls zu entnehmen, daß sie dem nachgebildet sein soll, was in einem echten Bund gelten würde. Allein schon dieser Zusammenhang macht die beabsichtigte Vereinbarung zur Keimzelle einer Fortsetzung des seit 1963 bestehenden Unfriedens.

Kann dem Begriff der Föderation mithin kein Schutz der türkisch-zyprischen Selbstregierungsinteressen entnommen werden, so hängt er davon ab, welche Bedeutung im Hinblick auf die Begriffe "Staat" und "Souveränität" der in Nr. 3 Abs. 1 der Gemeinsamen Erklärung verwendeten Bezeichnung "konstituierender Staat" zukommt. Dem Ausdruck können Bedeutungen wie „begründend“, „ausmachend“, „einsetzend", „verfassend“, vielleicht „verfassunggebend“ beigelegt werden. Im Sinnzusammenhang der Gemeinsamen Erklärung kann dem Ausdruck die Bedeutung einer verfassunggebenden Körperschaft als Subjekt originärer Gründung einer Föderation, oder die wesentlich andere Bedeutung eines selbst nicht souveränen Teils der Organisation eines Staates ohne Gründerstatus beigemessen werden. Der Ausdruck läßt damit offen, ob die konstituierenden Staaten mit der griechischen und/oder türkischen Republik von Zypern identisch sind oder ob sie etwa erst durch das Referendum oder durch die auf dessen Grundlage zu erlassende Verfassung geschaffen werden. Der Ausdruck schließt eine Auslegung nicht aus, wonach den konstituierenden Staaten keine andere Bedeutung zukommt als diejenige von Organisatinsformen des vereinten Cypern mit keinem anderen status und keinen anderen Kompetenzen als denjenigen, die ihnen durch die Vereinbarung zugewiesen werden. Der Zusammenhang der Gemeinsamen Erklärung unter Berücksichtigung der von den Partnern vertretenen Interessen legt jedenfalls nahe, daß die Türkische Republik von Nordzypern nicht zu den „constituent states“ gehört, weil sie in der Erklärung nirgends erwähnt wird. Auch aus dem Ausdruck "konstituierender Staat" leitet sich daher ein wirksamer Schutz der türkisch-zyprischen Interessen nicht ab.

Die Gemeinsame Erklärung verzichtet ausdrücklich auf eine Einigung über eine Verteilung der Staatsgewalten zur Bewältigung der gegensätzlichen Interessenlage der beiden zyprischen Volksgruppen und verweist auf die erst noch zu erarbeitende Einigung. Andeutungen, die allerdings über Fragestellungen kaum hinausgehen, finden sich allein mit Bezug auf die organisatorische Einbindung der Volksgruppen in das vereinigte Zypern. Sie sind in den Ausdrücken "bi-communal and bi-zonal federation" enthalten. Hierzu legt sich die Gemeinsame Erklärung insofern fest, als sie eine Rolle der türkischen Republik von Nordzypern (aber auch der griechischen Republik von Südzypern) als Träger einer auflösbaren Föderation stillschweigend ausschließt. Anzustreben ist danach ein vereinigtes Zypern, das ähnlich wie ein Bund verfaßt sein soll, wobei die Ähnlichkeit durch die Einführung von Organen zur Repräsentationen der beiden Volksgruppen hergesetellt wird, die nach griechischer Auffassung in die Verfassung der seit 1963 von der griechischen Führung geschaffenen und fortbestehenden griechisch-zyprischen Republik unter überwiegend griechisch beherrschter "einheitlicher Souveränität" hergestellt wird. Ein wirksamer Schutz der türkisch-zyprischen Interessen kann durch eine solche Organisation nicht gewäbhrleistet werden.

Die gemeinsame Erklärung läßt offen, was den Kern einer anzustrebenden Konfliktbeilegung bilden muß, zum Beispiel: Sollen beide Volksgruppen in ihren Territorien ihre eigene Gerichtsbarkeit und Exekutivgewalt unterhalten ? Mit welcher Territorialverteilung und mit welcher Regelung der Eigentums- und Besteuerungsverhältnisse können sich die Volksgruppen abfinden ? Wie auch immer Staatsgewalt verteilt wird: Gesetzgebung und Justiz besitzen Wirkungsmacht nur in Verbindung mit einer Exekutivgewalt. Sollte die griechische Führung auch nur zeitweise eine höchste Exekutivgewalt über die ganze Insel innehaben, ist sie in der Lage, ihren Vorherrschaftsanspruch, wie bereits früher geschehen, gegen alle Verfassungsartikel oder Gesetze und gegen jede Gerichtsentscheidung durchzusetzen.
Governmental powers.

The very different meanings attached in international political (and even legal) language to the notions "(constituent) state", "sovereignty" and "federation", to which the Joint Declaration refers for help in solving the conflict, could cover almost any controversial interest of both conflicting parties.

Since the beginning of negotiations about a settlement of the conflict it was disputed whether the „federation“ suggested for Cyprus meant a confederation of sovereign states or an unseparable union of the Cypriot communities organized according to principles of a federation. A true federation cannot be seriously assumed unless the Turkish Republic of North Cyprus is recognized as its partner. Moreover, the nature of a federation as the organization of a balance between divergent interests is reversed if, as provided by the Declaration - withdrawal from the federation is excluded even when the attempt at a balance turns out a failure. The "federal" partner is then exposed to the discretion of the organs under the influence of the majority of the population of the "federation". It does not matter whether "divided sovereignty" is logically conceivable at all, because the term "single sovereignty" used in the Joint Declaration will be deemed to rule out any such division. As sovereignty consists in the right to decide finally on a conflict (between Greek and Turkish Cypriot "constitutive states"), the chance of self-preservation of the Turkish community would depend on the rights assigned to it by the constitution. Concerning such assignments, the Joint Declaration yields no more than that they should reflect rules as would be used to form a true federation. This relation suffices in itself to make the aspired agreement a breeding ground for a continuation of the enmity prevailing since 1963.

As the notion of federation cannot therefore provide protection for the Turkish Cypriot interest in self-government, this protection depends on the conclusions concerning the application of the notions of "state" and "sovereignty" to the meaning of the term "constituent state" used in Nr. 3 sec. 1 of the Joint Declaration. This term could be understood as referring to meanings like "founding", "resulting", "instituting", "constituting" and possibly "making" or "creating a constitution". In the context of the Joint Declaration, the term could be considered as describing either a subject participating in the act of originally forming a federation, or, quite differently, as describing part of the organization of a state not endowed. as such a part, with sovereignty or founding status. The term therefore leaves open whether the envisaged constituent states are identical with the Greek and/or Turkish Republic of Cyprus or whether they are meant to be established in the first place by the referendum or by the constitution to be put in effect on its basis. It does not exclude an interpretation to the effect that the constituent states will amount to no more than parts of the organization of a united Cyprus with no other status or competence than that assigned to them in the agreement. The context of the Joint Declaration, considering also the interests of the parties represented in it, suggest that the Turkish Republic of North Cyprus does not belong to the "constituent states", as it is not mentioned in any part of the declaration. As a result, no effective protection of the Turkish-Cypriot interests derives from the expression "constituent state".

The Joint Declaration expressly denies containing an agreement on the distribution of government powers in a united Cyprus designed to cope with the opposing interests of the two Cypriot communitites, and refers instead to an agreement to be elaborated on in the future. It contains no more than hints with hardly any further meaning than that of formulating questions concerning the organizational integration of the communities into the united Cyprus. These hints are contained in the expressions "bi-communal and bi-zonal federation". In this respect, the Declaration definitely though silently excludes a role of the Turkish Republic of North Cyprus (or the Greek Republic of South Cyprus) as partners of a true (dissolvable) federation. What is to be aspired is a unified Cyprus organized so as to resemble a federation, this resemblance materializing in the introduction, according to the Greek view, of representative organs of the two communities into the constitution of a continued "Republic of Cyprus" (meaning the existing Greek Cypriot state) and subject to the "single souvereignty" mainly influeced by the Greek Cypriots. Such an organization would not provide an effective safeguard for the Turkish Cypriot interests.

The Joint Declaration leaves open what should form the core of an aspired settlement, for example: Are both communities to maintain within their respective territories their own judiciary and executive powers ? How would the shares of the communities in the territory of the island be defined and how must the property issue be regulated in order to provide a chance of acceptance by the commumities ? In which ever way governmental power will be distributed: Legislative and judiciary power can be effective only in connection with an executive power. Should the Greek leadershup command at any even limited period or point of time the ultimate executive power over the whole island, it would be in a position to enforce, as has been experienced before, its claim for predominance even against articles of a consitution and against any law or decision made by a court of law.
13 Verfassung.

Nach Nr. 3 Abs. 2 der Gemeinsamen Erklärung würde Frieden in und um Zypern von der Zuweisung von Kompetenzen durch eine Verfassung abhängen. Dazu lehrte bereits einner der beiden Sätze, mit denen sich der ehemalige Präsident des zyprischen Verfassungsgerichts, Ernst Forsthoff jemals zum Zypernkonflikt im allgemeinen geäußert hat, daß eine solche Verfassung nur bei gutem Willen funktioniert. Guter Wille bedeutet in Zypern: Wille zu bündischem, gleichberechtigtem Zusammenwirken. Das Fehlen dieses Willens beherrscht jedoch die feindselige Politik der griechischen Seite gegen die türkischen Zyprer und ihr Verhandeln seit Konfliktbeginn überdeutlich.

Zu den Lehren des Zypernkonflikts gehören die Folgen des Glaubens an die Wirksamkeit eines Aktes, dem die Qualität einer Verfassunggebung beigemessen wird, ohne dass dieser Akt die Voraussetzungen dieser Qualität erfüllt. Zu diesen Voraussetzungen gehört der Wille der verfassunggebenden Gewalt, die in der Verfassung verankerten grundlegenden Organisationsprinzipien und Grundrechte einzuhalten, sowie das Vorhandensein einer Macht, diesen Willen durchzusetzen. Beide Voraussetzungen fehlten und fehlen für die Verfassung eines vereinten Zypern. Das ist der Grund weshalb der Gründungsversuch von 1960 gescheitert ist und ein weiterer Versuch zur Gründung eines vereinten Zapern bei der auf absehbare Zeit geltenden gegenwärtigen Lage zum Scheitern verurteilt ist.

Selbst bei vorhandenem Willen könnte eine demokratische Verfassung nicht beliebige Inhalte haben sondern müßte sich auf allgemeinverständliche und in ihrem Umfang beschränkte Grundregeln beschränkten. Denn soll das Volk Verfassunggeber und Träger dieses Willens sein, so kann Demokratie die Verfassung nur bestimmen, wenn das Volk die Organisationsformen und Rechte im wesentlichen Kern zur Kenntnis genommen und verstanden hat. Der Bezugnahme der Gemeinsamen Erklärung auf ungelöste Streitpunkte („unresolved issues“), die auf bereits vorliegende Lösungen von Streitpunkten hindeutet, dürfte zu entnehmen sein, daß Ergebnisse jahrzehntelanger Verhandlungen in die Konfliktbeilegung einbezogen werden sollen, die in dem viele hundert Seiten umfassenden Annan-Plan enthalten sind. Allein die Notwendigkeit eines Einigungsversuchs von hunderten von Seiten zeigt, dass die Voraussetzungen für wirksame Verfassunggebung in Zypern nicht gegeben sind. Hinzu kommt, dass dieser Plan wesentliche Streitpunkte der Entscheidung eines Organs der Vereinten Nationen zuweist - eine "Lösung", die unter anderem mit dem Ausschluß jeglicher schiedlicher Einflußnahme durch Nr. 6 der Gemeinsamen Erklärung unvereinbar ist.

Wird dennoch der Versuch unternommen, so bewendet es nicht mit seinem Scheitern. Vielmehr wird die Anwendung der hundertseitigen „Einigung“ (oder mancher verklausulierter Uneinigkeiten), selbst wenn sie nicht ähnlich wie die Gemeinsame Erklärung durch Unbestimmtheiten geprägt wäre, die beide Seiten für sich interpretieren können, ein Mehrfaches der Streitigkeiten hervorrufen, die an die Verfassung von 1960 geknüpft wurden.

Die (in Nr. 3 Abs. 2 am Ende) vorgesehene gerichtliche Streitentscheidung ändert daran nichts. Auch soweit Gerichte mehr entscheiden können, als im anzuwenden Recht geregelt ist, wirft die Gewährleistung der Objektivität ihrer den Urkonflikt der zyprischen Volksgruppen betreffenden Entscheidungen kaum lösbare Probleme der Besetzung und des Verfahrens des Gerichts auf. Die Einigung würde Ansprüche ermutigen, die sich mangels Durchsetzbarkeit mit Gewalt entladen.
Constitution.

According to Nr. 3 sec. 2 of the Joint Declaration, peace in and around Cyprus would depend on the assignment of competences in a constitution. The relevant teaching soncerning such assignment is contained in one of the two sentences with which the former president of the Constitutional Court of Cyprus, Ernst Forsthoff has ever commentet on the Cyprus conflict in general, that such a constitution can only function through good will. In the context of the Cyprus conflict, good will means the will to federal cooperation based on equal legitimacy. However, the absence of such a will characterizes the unfriendly policy of the Greek side against the Turkish Cypriots as a whole and their negotiating attitude in abundant clarity from the beginning of the conflict onwards.

Part of the teachings conveyed by the Cyprus conflict are the results of believing in the effectivity of an act, to which the quality of a constitution is attributed although the act does not meet the requirements of that quality. Among these requirements are the intention of the power enacting the constitution to comply with its basic principles of orgnization and with the basic rights enshrined therein, as well as the presence of a power to enforce that intention. For a constitution of a united Cyprus, both requirements were and are lacking. This is why the foundation attempt of 1960 failed and why another attempt at the foundation of a united Cyprus is bound to fail under circumstances prevailing for the time being.

Even if the intention mentioned did actually exist, a democratic constitution could not be a vessel for random regulatory contents but would have to restrict itself to basic rules of a meaning understandable for everyone and of a general nature. Because when the people is supposed to act as the author of the constitution and the intention behind it, democracy can determine the constitution only if the people is aware of and has understood the organizational principles and rights in their basic substance. In referring to „unresolved issues“, thus implying the existence of resolved issues as well, the Joint Declaration suggests that the results of decades- long negotiations are to be included in a settlement which are contained in the many hundred pages of the Annanplan. The fact that an attempt at drafting an agreement requires so many hundreds of pages suffices in itself to prove the lacking requirements for an effective constitution for Cyprus. In addition hereto, the plan provides for the decision on major conflicting points to be made by an organ of the United Nations - a "solution" which, inter alia, collides with the exclusion of any kind of arbitration in Nr. 6 of the Joint Declaration.

If, regardless of these factors, the attempt is made, the consequences will not be restricted to its failure. Instead, to undertake the application of hundrets of pages of "agreement" or rather, in some instances, of disguised disagreement, would provoke several times the amount of dispute that had arisen from the constitution of 1960, even if the agreement was not marked by ambiguous clauses similar to those contained in the Joint Declaration and subject to contrary interpretation by both sides.

The provision of respective disputes to be resolved (according to the final clause of Nr. 3 sec. 2) by a Court of Law cannot provide a solution. Even in as far as Courts of Law are capable of deciding more than is stipulated in the appliccable law, to provide for objectivity of their decisions on basic conflicts between the Cypriot communities poses problems concerning the composition of the judges of this Court and its procedure that can hardly be sufficiently solved. An agreement overriding all these obstacles would encourage claims on both sides which would, as a consequence of a lack of enforcement, end up in violence.
14 Vereinbarungskompetenz und Verbindlichkeit.

Die nach der Gemeinsamen Erklärung zu entwerfende Einigung soll den Rahmen für das die Vereinigung Zyperns tragende Referendum bilden. Eine andere Alternative für eine Entscheidung des Volks über die Form seiner Selbstregierung wird nicht in den Blick genommen. Die Kompetenz der Leader für diese Vorentscheidung wird nicht dargelegt. Die Führereigenschaft der in der Gemeinsamen Erklärung durch ihre bürgerlichen Namen als ihre Partner bezeichneten Leader wird unterstellt. Ihre Position auf Grund der Verfassung ihrer Volksgruppen-Körperschaften wird „ausdrücklich“ nicht erwähnt.

Die Gemeinsame Erklärung informiert auch nicht über ein Organ oder eine Organisation oder deren Legitimation für die Durchführung und Umsetzung des Ergebnisses eines Referendums durch den eigentlichen verfassunggebenden Akt. Aus ihrer Nichterwähnung in der Gemeinsamen Erklärung dürfte folgen, daß die beiden zyprischen Republiken bei der Einigung keine Rolle spielen sollen. Das entspricht der griechisch-zyprischen Ansicht, die ihre Führung erst Anfang April 2014 in Brüssel erneut deutlich gemacht hat, wonach die Vereinigung eine Modifikation der bestehenden griechisch-zyprischen Republik darstellen soll.

Jenseits aller rechtlichen Konstruktionen ist für den Frieden in und um Zypern von entscheidender Bedeutung die Gefahr, dass sich die griechisch-zyprische Führung im Fall eines Konflikts zwischen den griechisch-zyprischen Vorherrschaftsansprüchen und den türkisch-zyprischen Selbstregierungsansprüchen erneut über die Bedingungen einer Einigung hinwegsetzen wird. Der Zypernkonflikt hat gelehrt, daß dann das Verhalten interventionsbereiter Mächte wie der UN und der EU, Griechenlands und der Türkei für die Fortexistenz der türkisch-zyprischen Volksgruppe von entscheidender Bedeutung ist.

Eine Garantie der Türkei, wie sie sich bisher als einzig wirksame Schutzmacht für türkisch-zyprische Rechte erwiesen hat, ist in der Gemeinsamen Erklärung nicht erwähnt. Sie soll womöglich ausgeschlossen werden. Die Familie der Nationen orientiert ihr Verhalten nicht am Verfassungsrecht eines Vereinten Zyperns. Die griechisch-zyprischen Verfassungsbrüche haben bei Erlaß der Sicherheitsratsresolutionen, die die Isolierung der türkischen Volksgruppe begründet haben (ein diese darlegendes Rechtsgutachten lag dem Rat vor), keine Rolle gespielt. Nach Auffassung des Sicherheitsrates haben sie die türkische Intervention von 1974 nicht gerechtfertigt. Die EU hat bei Aufnahme der griechischen Republik von Südzypern mit dem Anspruch auf Souveränität über die ganze Insel den verfassungsrechtlichen Voraussetzungen eines solchen Anspruchs keine Bedeutung beigemessen. Entscheidende Bedeutung für die Isolierung der türkisch-zyprischen Volksgruppe hatte allein die Souveränität, die der "Republik Zypern" durch Aufnahme als Mitglied der Vereinten Nationen zuerkannt worden war, ohne deren tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen zu prüfen, und die Anerkennung des „Präsidenten“ dieser Republik als ihres alleinigen internationalen Repräsentanten. Solange die Souveränität der Türkischen Republik von Nordzypern nicht anerkannt wird, wird sich eine griechisch-zyprische Konfliktpartei selbstverständlich dieses "bewährten" Mechanismus bedienen, um ihre Interessen zu verfolgen.
Competence for agreement and binding force.

The agreement to be drafted according to the Joint Declaration is designated to constitute the framework for the referendum forming the basis for the unification of Cyprus. For a decision of the people on the formation of self-government no alternative is considered. The competence of the leaders or its origin are not explained. The leaders are described by their proper names, their property of leadership is presupposed. Their position under the constitutions of their respective communal or corporate bodies is "expressly" not mentioned.

Neither contains the Joint Declaration information on an organ or organization or its legitimacy for conducting a referendum or for transforming its results into a constitutive act. It must be concluded from their not being mentioned, that both Cypriot republics are not meant to play any role in the unification. This is in line with the Greek-Cypriot view which has recently been made clear once more by the Greek leadership in Brussels in the beginning of April, that unification should be effected by way of a modification of the existing Greek Cypriot republic.

Regardless of any legal constructions, decisive importance for peace in and around Cyprus must be given to the danger that, in case of a renewed conflict between Greek Cypriot claims for domination and Turkish Cypriot insistence on self-government, the Greek leadership will disregard once more the conditions of an agreement. The Cyprus conflict has taught that in such a case the attitude of powers ready for intervention like the UN and the EU, Greece and Turkey shall assume decisive importance for the preservation of the Turkish Cypriot community.

In the Joint Declaration there is no mention of a Turkish guarantee which has proven so far the only effective power for the protection of Turkish Cypriot Rights. Such a guarantee is probably intended to be excluded. The family of nations will not orientate their behaviour according to the constitutional law of a united Cyprus. The Greek-Cypriot breaches of 1963 onwards of the constitution agreed upon in 1960 played no role in conceiving the Security Council Resolutions which have isolated the Turkish Cypriot community (a legal study describing these breaches was before the council). According to the opinion of the Security Council, these breaches did not justify the Turkish interverntion of 1974. When the EU accepted "Cyprus" together with the Greek claim for sovereignty over the whole island as a member, it paid no attention for the prerequirements for such a claim. Primary importance for the isolation of the Turkish Cypriot community vested exclusively with the "sovereignty" assigned to the "Cyprus Republic" by accepting it as a member without evaluating its factual and legal requirements, and with the recognition of its "president" as the only legitimate representative of this republic. As long as the sovereignty of the Turkish Republic of North Cyprus is not recognized, a Greek Cypriot conflicting party will, as a matter of course, make use of this "tried and tested" mechanism for furthering their interests.
C. LÖSUNG. C. SOLUTION.
15 Anerkennung der Türkischen Republik von Nordzypern.

Eine einsatzbereite Macht, wie sie erforderlich wäre, um das Konstrukt eines einzigen souveränen zyprischen Staates durchzusetzen, ist - wenn man von der Denkmöglichkeit einer griechischen oder türkischen Eroberung der ganzen Insel absieht - auf absehbare Zeit nicht vorhanden. Ihre Entfaltung zur Durchsetzung einer vorstellbaren Einigung wäre auch nicht wünschenswert, soweit eine mangelhafte Einigung einen gewaltsamen Ausbruch des Konflikts der Ansprüche beider Konfliktparteien nur vertagen, durch die inzwischen zu erwartenden zahlreichen und intensiven Streitigkeiten über die Anwendung jedes Artikels der beabsichtigten grundlegenden Vereinbarung aber eher vertiefen würde.

Im Rahmen der beabsichtigten Konfliktbeilegung sind keine Mittel erkennbar, um der Gefahr eines sich schrittweise verschärfenden Wiederauflebens der griechischen, während der vergangenen fünfzig Jahre konsequent und ununterbrochen verfolgten Vorherrschaftspolitik und damit eines Wiederaufflammens des (auch gewaltsamen) Konflikts wirksam zu begegnen.

Unter diesen Umständen kann eine dauerhafte Lösung nur von der Vereinbarung einer Anerkennung der Staatsqualität der türkischen Republik von Nordzypern in Verbindung mit einer Rücknahme des Souveränitätsanspruchs der griechischen Republik von Südzypern auf ein zu vereinbarendes Gebiet erwartet werden. Im Anschluß an die Anerkennung werden beide Staaten alsbald beiderseitigen Interessen dienendes gemeinsames oder reziprokes Handeln in geeigneter Form vereinbaren. Genügend umfangreiche und tiefgreifende Vereinbarungen können schließlich in eine Föderation münden.

Eine Art föderativer Lösung kann auch durch Ersetzung der griechischen Republik von Südzypern als Mitglied der Europäischen Union durch zwei anerkannte zyprische Staaten herbeigeführt werden. Deren Bestand wäre mit dem Schicksal der EU verbunden. (Siehe Ziff. 9 und 13 der im Bericht der International Crisis Group vom 14. März 2014 enthaltenen Vorschläge).


Outside of the theoretical possibility of a Greek or Turkish conquest of the whole island, a power prepared for action as would be needed to enforce the construction of a Cypriot state with a single sovereignty is not in sight for the time being. Moreover, the application of such a power to a conceivable agreement would not even appear desireable, as a defective agreement would only adjourn a violent outbreak of the conflict between the claims of both conflicting parties. Such an adjournment would, in connection with innumerable and fierce disputes over the application of every article of the aspired basic agreement, only serve to intensify the conflict.

In the framework of the envisaged conflict settlement, no means are conceivable that would meet effectively the danger of a gradually intensifying resumption of the Greek Cypriot policy of domination incessantly and consequentially pursued during the past fifty years, and, thereby, of a resurgence of the (even violent) conflict.

Under these circumstances, a durable solution can only be expected from the agreement on a recognition of state quality of the Turkish Republikc of North Cyprus in connection with the withdrawal of the claim for sovereignty of the Greek Republic of South Cyprus to a territory to be agreed upon. Following recognition both sides will hury to agree, in adequate form, on common or reciprocal activities serving their truly mutual interests. Sufficiently wide and substantial agreements may finally lead to federation.

A kind of a federal solution could also be effected by replacing the Greek Republic of South Cyprus as a member of the European Union by two recognized Cypriot states. The continuation of such a federation would be linked to the fate of the European Union. (Vide also sec. 9 und 13 of the Recommendations contained in the report of the International Crisis Group vom 14th March 2014.
16 Politik der „Familie der Völker“

Völkerrechtliche Bedenken gegen eine Anerkennung der Türkischen Republik von Nordzypern würden durch Zustimmung der griechischen Konfliktpartei gegenstandslos. Allerdings ist sie nur zu erwarten, wenn die Vereinten Nationen und die EU oder auch einzelne hier führende Staaten deutlich machen, daß ihre Unterstützung des griechischen Anspruchs reversibel ist. Zu diesem Zweck kommt de facto Aufhebung des Embargos gegen die türkischen Zyprer und ihre aktive Unterstützung in Betracht. Solchen Schritte würden nichteinmal der Anwendung (fragwürdiger) Prinzipien widersprechen, die zu dem bisherigen Widerstand der Vereinten Nationen und der EU gegen eine Anerkennung der türkisch-zyprischen Reüpublik geführt haben, denn die historische Entwicklung während der vergangenen fünfzig Jahre hat ihre Anerkennung unvermeidlich werden lassen. Die künftige internationale Politik mit bezug auf Zypern sollte ausschließlich von den Lehren geleitet sein, die sich aus der Entwicklung des Zypernkonflikts und aus den Versuchen zu seiner Lösung mit Bezug auf die nicht nur für Zypern sondern weltweit für viele andere Konflikte geltenden Friedensvoraussetzungen ergeben .
Policy of the „family of nations"

Reservations entertained from point of view of international law against a recognition of the Turkish Republic of North Cyprus would become meaningless through an agreement of the Greek conflicting party. This agreement can however be expected only if the United Nations or the EU or even a leading regional state would make it clear that the support given to the Greek claim is reversible. To this end, the de facto lifting of the embargo against the Turkish Cpyriots could be considered. Such steps would not even contradict the (questionable) application of principles that had led to the privious resistance of the United Nations and the EU against the recognition of the Turkish Cypriot republic, because the historic development during the past fifty years has made its recognition inevitable. The future international policy concerning Cyprus should be guided exclusively by the teachings derived from the development of the Cyprus conflict and from the attempts made at its solution concerning requirements for peace applicable not only to Cyprus but to political relations worldwide.
17 Entwicklung der Haltung innerhalb der griechischen Konfliktpartei.

Zwar las man noch unlängst die Auffassung einer griechisch-zyprischen Gruppe, es müsse jedermann damit rechnen gelyncht zu werden, der auch nur den Gedanken einer Teilung äußert. Dennoch gibt es in der im griechischen Südzypern erscheinenden Presse mittlerweile Stimmen, die sie durchaus befürworten:

Am 22. Dezember 2013 schrieb Loucas Charalambous in einem Artikel in "Cyprus Mail", der gestrige 50ste Jahrestag betreffe den schwärzesten Tag in der neueren Geschichte Zyperns. An 21. Dezember 1963 habe das Staatsoberhaupt sich einer irregulären und illegalen Armee bedient, um nach dem "Akritas-Plan" die Verträge von 1959/60 und seinen eigenen, auf ihrer Grundlage errichteten Staat umzustürzen. Innerhalb weniger Stunden habe er ihn in zwei Teile gespalten und dem Land irreparablen Schaden zugefügt. Es erfordere unglaubliche Frechheit, diese Rebellion des Erzbischofs Makarios als Widerstand gegen eine türkische Rebellion darzustellen. Weniger verzeihlich (als die Mitwirkung unreifer Jugendlicher an der Rebellion) und unverantwortlich sei, daß seine Anhänger bis heute nicht begriffen haben, was sie taten. (Addendum 2014 06 09: siehe auch den Artikel von Charalambous in Cyprus Mail vom 8. Juni 2014.)

Eine umfassendere und mehr ins einzelne gehende, im wesentlichen zutreffende Zusammenfassung einiger der wichtigsten Ereignisse von 1963/Anfang 1964 enthält der am gleichen Tage in "Cyprus Mail" veröffentlichte Aufsatz von Elias Hazou. Er weist zusätzlich auf die Bedeutung der Nichtbeachtung eines den Kern des interkommunalen Konflikts berührenden Urteils des zyprischen Verfassungsgerichts vom April 1963 durch das Staatoberhaupt und auf tatsächliche Erhebungen von Richard Patrick hin, enthält sich aber einer eindeutigen eigenen Bewertung.

(Siehe auch den in der vorliegenden homepage enthaltenen Artikel über die zwei Jahrestage im Zypernkonflikt).
Development of the attitude within the Greek conflicting party.

Not long ago, one could read about the opinion of a Greek-Cypriot group that anyone who even uttered the idea of partition would be lynched. Meanwhile, however, voices clearly favouring partition emanate from newpapers published in Greek South Cyprus:

In an article in "Cyprus Mail" of 22nd December, 2013, Loucas Charalambous wrote, that yesterday had been the 50th anniversary of the blackest day in the modern history of Cyprus. On 21st December, 1963, the head of the State had, with the help of an irregular and illegal army and according to the "Akritas-Plan", overthrown the treaties of 1959/60 and his own State that had been established on their basis. Within a few hours he had devided it into two parts and afflicted irreparable damage to the country. "It requires", Charalambous continues, "an incredible level of nerve" to present this rebellion of Archbishop Makarios as supposed resistance against a Turkish 'rebellion'. He calls it less forgiveable (than the participation of unripe youths in the rebellion) and irresponsible that the Archbishop's followers are still unaware of what they had done. (Addendum 2014 06 09: vide also the article by Charalambous in Cyprus Mail of 8th June, 2014.)

A more comprehensive and more detailed, basically correct sum-up of some of the most important events of 1963/beginning of 1964 is contained in an article by Elias Hazou which appeared in "Cyprus Mail" on the same day. It points in addition to the importance of the disobedience on the part of the head of the State for a judgment given by the Constitutional Court of Cyprus in April, 1963, that concerned a central point of the intercommunal conflict, and to researches of fact published by Richard Patrick. The author of the article refrains, however, from a clear evaluation of his own.

(Vide also the article about the two anniversaries in the Cyprus Conflict contained in the present homepage).
18 Entwicklung der Haltung der "Familie der Nationen".

Auch für die von etablierten internationalen Kreisen bekanntgegebene Meinung ist die Anerkennung der Türkischen Rebpublik von Nordzypern als Staat nicht mehr tabu. Das ergibt sich aus dem am 14.3.2014 veröffentlichten Report der „International Crisis Group“, mit der sich die vorliegende homepage in Anmerkungen vom 16.3.2014 auseinandersetzt.
Developments in the attitude of the "family of nations".

Likewise, as concerns the opinion held by established internatinal circles and made known publicly, the idea of recognition of the Turkish Republic of North Cyprus as a State ist not taboo any more. This can be taken from the report published on the 14th of March 2014 of the "International Crisis Group", with which the present homepage occupies itself in Remarks of 16th March, 2014 . State


pro re publica

Eine eingehendere Darstellung und Würdigung des Zypernkonflikts findet sich in dem in dieser homepage enthaltenen Artikel "Zypernkonflikt - Überblick 2007"

For a more detailed description and evaluation of the Cyprus Conflict vide the article "Cyprus Conflict - overview 2007" contained in this homepage.


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